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Siebenbürger über Gusto Gräser

Der Liebe Macht. Das Bild unseres Landsmannes Gustav Gräser "Der Liebe Macht" ist nun in der evangelischen Knaben-Elementarschule [in Hermannstadt] zu sehen. Der Gedankenreichtum, den der junge Künstler in diese seine Schöpfung gelegt hat, wird gewiß nicht verfehlen, das Interesse weiterer Kreise zu erwecken.

Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 23. Februar 1899

Den 9ten ist Gusti nach Hermannstadt gefahren, um sein Bild dort auszustellen. Gott leite seine Wege zum Wohl vieler Menschen!

Er strebt zwar für die jetzt lebenden Menschenetwas zu hohe ideale Ziele an. Er ist aber eben so beanlagt, in und durch die göttliche Natur die Menschen, die sich aus dem Sumpf erheben können, durch seine Bilder und Anschauungen zu einem wahren, guten, liebevollen Leben zu führen. Wenn auch nur ein Samenkörnchen, was auf gut Land fällt, aufgeht von dem Guten, was er erstrebt in dieser großen Welt, so wird er glücklich und zufrieden sein.

Charlotte Gräser: Tagebuch, Januar 1899

Vor was mir, seit Gustav zu erstenmal bei der Stellung [Musterung] war, bangte, ist den 1sten November eingetreten: Gust hat den militärischen Eid verweigert.

O, schrecklicher Gedanke: Gefängnis!

Warum, lieber Gott, ist es so gekommen, dass er bei der Assentierung nicht untauglich war? Es wäre ihm und mir so viel viel Leid erspart geblieben und er hätte ja doch ein guter Kämpfer für sein Vaterland sein können. Er konnte nicht gegen sein Gewissen etwas schwören, was er nicht halten kann. Amen.

Charlotte Gräser: Tagebuch, November 1901

Dein Streben scheint mir nicht schlecht, im Gegentheil, aber himmelschreiend maßlos und darum eitel, unwahr, unwirklich. … Zweifel bringst du, Sehn-suchten weckst du, aber bloß, um so Angeregte nach einer Zeit – ganz zu verlieren. Dein Streben ist also eitel, nicht weil es in falscher Richtung geht, weil es maßlos ist. … Du bist, wie Ott schreibt, ein von der Schönheit, von der Güte Besessener.

Karl Gräser an seinen Bruder Gusto, 1907

Fast ebenso bekannt wie Münchens Kunststätten, seine Pinakotheken und sein Glaspalast und wie sein Bier und seine Brauereien war [um 1908] die kleine Künstlerkneipe 'Simplizissimus'. ...

Wir hatten gerade einen Klavierspieler, dessen Künstlermähne tief in sein Gesicht fiel, so daß er seine schwarzen Locken immer wieder mit energischem Aufwerfen des Kopfes nach rückwärts schleuderte, zugehört, wie er das Instrument in rasendem Furioso bearbeitete, da trat ein neuer Gast ins Lokal, der aussah, als sei er einem Bild aus einer illustrierten Bibel entstiegen. Trotz des strengen Winters, der draußen herrschte, kam er barhäuptig mit langem, blondem Haar und Vollbart, mit Sandalen an den nackten Beinen, einem togaartigen Überwurf aus grobem Stoff, den er genial um die Schultern geworfen hatte, herein und lenkte sofort die Aufmerksamkeit aller auf sich. Er war ein schöner, stattlicher, jüngerer Mann. Ich erkannte ihn gleich. Es war ein Landsmann, der Mediascher Gusto Gräser, Maler und Naturheilapostel. Ich hatte ihn im Sommer vorher in Kronstadt in seiner testamentarischen Aufmachung gesehen. Die Dienstmädchen nannten ihn den neuen Christus.

Fritz Gött in Neue Kronstädter Zeitung, 1. Juli 1989

Als Gräser einmal zu Besuch in der Heimat weilte -. er nannte sich dort Gusto Gräser – ging bei den rumänischen Hirten und Bauern das Gerücht um: a venit Christos! 

Hans Wühr in Siebenbürgische Zeitung, 27. Oktober 1958

Die rumänischen Weiber sanken vor ihm ins Knie, bekreuzigten sich und riefen wie mein Sohn, der Herr Jesus sei da. Mit einer Gebärde, halb Segnung, halb Abwehr, wallte er dann durch die Anbeterinnen hinweg. …

Was Gräser verfocht: Naturverbundenheit, Lebensgläubigkeit, Ablehnung der Zivilisation, der Eigensucht, der falschen Nächstenliebe, Bekenntnis zur Einheit von Mensch und Welt.

Heinrich Zillich in Südostdeutsche Vierteljahresblätter, 1964, S. 199f.

Wir jubeln neuen Ideen zu. Was nützen uns aber diese Ideen, wenn sie tot in Büchern bleiben? Wenn wir uns von den Versuchen, solche Ideen zu leben, mit Spott, wenn nicht mit Abscheu abwenden? Denn neues Leben kann nur entstehen, wenn jemand da ist, der den Mut hat, dieses Leben auch zu leben, der nicht nur Denker und Dichter sondern auch Mensch ist.

Wir müßten an der Entwicklung einer neuen Kultur, eines neuen Lebens demnach berechtigte Zweifel hegen, wenn nicht auch in unserer Zeit sich solche "Narren" fänden, die für ihre Ideen leiden können und sich außerhalb unserer Gegenwartskultur stellen. Deshalb sind sie rein menschlich unseres Interesses und unserer Liebe wert, selbst wenn wir ihre Ideen ablehnen.

Deshalb darf es uns mit Stolz erfüllen, daß einer dieser "Narren", die heute leben - vielleicht ist er der "närrischste Narr" - ein Siebenbürger Sachse ist, umsomehr weil Gusto Gräser - von ihm will ich sprechen - zugleich ein Dichter von eigener Art ist, "ein neuer Dichter", als der er von Johannes Schlaf begrüßt wird.

Es ist schwer, diesen Mann zu definieren, aus dessen kraftvoll sehniger Gestalt, aus dessen leuchtenden Augen ein reiches, kampfesfrohes und gütiges Leben spricht. Gusto Gräser, der kein anderes Gesetz für seine Handlungen kennt als sein Gewissen, seine innere Stimme, nur ein Gebot: 'Lüge nicht', läßt sich nicht leicht in gesetzte Worte fassen.

Das Packende in seiner Erscheinung liegt nicht darin, daß er 'Naturmensch' ist, sondern daß er in einem frohen und kräftigen Leben seine Ideen verwirklicht. Er ist kein Prediger in der Wüste, er drängt sich niemandem auf. Er ist ein Mensch, mit dem man scherzen und lachen kann. Er will keine Jünger werben, sondern mutig seinen Weg gehen und seine Hoffnung ist, daß andere vielleicht "bei den Rhythmen seiner Schritte aufhorchen werden und dann ihren Weg leichter finden".

Um diese Rhythmen tönen zu lassen, wandert er durch Deutschland, seiner langen Haare und Kleidung wegen überall von der Polizei als "lästiger Ausländer" empfangen und bestraft. Er verteilt seine Sprüche, die auf bunten Karton gedruckt oder lithographiert sind, unter die Menschen und lebt mit Frau und Kindern davon, was ihm die Menschen dafür geben wollen. …

In ihm ist der Protest unserer Zeit gegen die Mechanisierung und Schematisierung des Lebens verkörpert. Aus seinen Worten und Blicken fließt ein reicher Strom gütiger und reiner Menschlichkeit. Sein tapferes Leben ist uns ein Beweis, daß die Menschheit noch Kraft und Mut hat, neue Wege zu gehen, und daß in die sorgenvolle, nervöse Schwere unserer Tage der Schein besserer künftiger Zeiten scheint.

Otto Friedrich Jickeli in Die Karpathen, zweites Juliheft 1912, S. 611-614

Als die frohgemütliche Plauderstunde vorüber war, da wußten alle dieses: daß sie einer starken Persönlichkeit und einem echten Dichter gegenüber gesessen waren, daß jeder Zuhörer etwas mitnehmen konnte als Geschenk eines Bessern. …

Wir wollen aus der Fülle der schönen, zum Teil noch ungeschriebenen Gedichte, die Gräser bot, eines hier wiedergeben und ihn lieber selbst sprechen lassen, als nutzlos eine Vermittlung des tiefen Eindrucks zu versuchen, den er seinen Hörern hinterließ.

Verfolgt von Neid und Hohn, vom Leutverstande,

zieh ich gelassen meiner Wege hin -

ein Narr, ein Fremdling in dem Vaterlande,

weil ich des Heimatlandes Bürger bin.

Ich wohn und wandle in der Heimat Räumen,

behaglich wurzelnd in des Lebens Grund,

da baumeln lieblich süß und perlenrund

rotgoldne Trauben von den Wetterbäumen.

Da tanzen Lilienelf und Wurzelzwerg

den Ruhringreigen auf dem Ringruhberg …

Hermann Lani in Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 6. April 1916

Seine Persönlichkeit, oder bleiben wir bei dem Wort Wesenseinheit, hat auch mich so gepackt, dass mir sein fremdartiges Äusseres ganz nebensächlich erschien. Und seine Worte, mit einer tiefdüsteren aber melodisch klangvollen Stimme gesprochen, und sein herzlich guter, tieftreuer Blick, sein freundliches Lächeln beim Kommen und Gehen und die Ruhe seiner Bewegungen liessen mich empfinden, dass ein in sich abgeschlossener, guter Mensch vor mir sass.

Anonymus in Mediascher Wochenblatt, 22. April 1916

Der sächsische Maler und Dichter Gusto Gräser ist in der vorigen Woche von der Hermannstädter Polizei ausgewiesen worden. …

Das Wesen der Sache ist, daß Gräser sich mit bewußter Absicht abseits von den geschlossenen Verbänden und Ordnungen stellt, in denen wir übrigen leben, und daß er eine Lebensweise führt, die in verschiedenen Beziehungen einen Protest gegen moderne Zivilisation, Organisation und Kultur bildet. Das Urteil ist sogleich bei der Hand: wer das tut, ist ein Narr! …

Was ist es also mit Gusto Gräser? Ich sehe in ihm ein verkörpertes Symbol für gewisse Stimmungen, von denen niemand unter uns modernen Zivilisations-menschen ganz frei ist. In uns allen lebt … eine Sehnsucht aus der Enge und Gebundenheit, in die wir hineingesetzt sind, hinaus zur freien, belebenden, Friede bringenden, Ruhe spendenden, erlösenden Natur, von der wir, unserm harten Menschenberufe folgend, so weit, ach so weit abgedrängt und entfernt werden. …

Gräser will, soviel ich weiß, nicht Prediger und Prophet des Naturzustandes sein. Er weiß zu gut, daß eine größere Gemeinschaft von Leuten, die so leben, wie er, nicht bestehen könnte. Noch viel weniger ist er Sozialreformer. Er trägt nur einfach eine starke und tiefe Empfindung für die Naturwidrigkeit, in der wir alle leben, in der Seele, und da er ohne Zweifel eine nicht gewöhnliche dichterische Begabung hat, so ringt diese Empfindung in ihm nach künstlerischem Ausdruck. …

Wer ihn im grellen Tageslicht in auffälliger, theatralischer Kleidung durch das Gewühl unserer Gassen gehen sieht, oder das manchmal dunkle Wortgepränge seiner Verse liest, wird nicht viel Eindruck bekommen. Aber draußen in Feld und Wald, wenn er mit seiner wohlklingenden, tiefen Stimme die Verse selbst vorträgt oder seine eigenartigen Gedanken ausspricht, da wirkt er ohne Zweifel stimmungsvoll und künstlerisch, da ist seine Erscheinung ein mensch-gewordener Sehnsuchtsruf nach einem verlorenen Paradies unter Gottes blauem Himmel.

Emil Neugeboren in Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt. 13. Mai 1916

Ich wurde auf Gusto 1912 aufmerksam, als er, in der Tracht der Fischer etwa vom See Genezareth, in Charlottenburg das vegetarische Restaurant "Freya" (in dem gelegentlich auch Else Lasker-Schüler zu sehen war) betrat. Weder war mir damals sein Name bekannt, noch ahnte ich, daß ich es in ihm mit einem Landsmann zu tun hatte.

Erst als er mich 1916 in der von mir geleiteten Redaktion der "Deutschen Tagespost" besuchte, war mir nicht mehr unbekannt, daß er, wie ich, Siebenbürgen seine Heimat nannte. Was bei dieser ersten Begegnung den stärksten Eindruck auf mich machte, war seine wunderbar volltönende Stimme, einem tiefen Glockenton vergleichbar.

Oskar Kraemer an Martin Müllerott, um 1963

Einen gar seltsamen Menschen beherbergt seit einigen Tagen unsere Stadt. Barhäuptig, in einem zu unserer gewohnheitsmässigen Kleidung in krassem Gegensatz stehenden Gewande, durchschreitet er die Strassen der Stadt und bietet seine Gedichte und Zeichnungen zum Kaufe an: Gusto Graeser. … Seine Bilder und Sprüche, die uns zur Einsicht vorlagen, sprechen von tiefem Empfinden, weshalb wir einige Sprüche hier folgen lassen.

Ihr heimatlichen Matten,

Bin wieder da bei euch!...

Nur hier bin ich vertraut

Mit Hainen und mit Halden,

Mit Wegen und mit Walden,

Die ich so oft geschaut. …

Wie lange wird es währen,

Dass wir beisammen sind?

Wie lange werd ich bleiben?

Wirst du mich weitertreiben?

O Heimat, halt dein Kind! ...

Anonymus in Bistritzer Deutsche Zeitung, 9. Juni 1916

Es muss ein Herrliches sein, so stark in sich zu sein, dass man dem Spott und Unverstand der Menge Ruhe entgegensetzen kann und sich nicht beirren lassen in seinem Besten, seinem Menschentum ...

Anonymus in Bistritzer Deutsche Zeitung, 15. Juni 1916

In seinem Vortrag konnte er sich nicht erschöpfen in den Worten: "Kämpft, kämpft, verinnigt, vertieft euer Leben, macht es menschenwürdig, arbeitet, arbeitet!"

Wie ist ein Kämpfen möglich in den paradiesischen Gefilden, die er einem vorführt? Ein derartiges Leben ist Flucht vor dem Kampf, Flucht vor der Arbeit. Arbeit und Kampf sind auf das Wort "Vorwärts" gestellt, und sein Leben ist ein "Zurück", zurück bis zu Adam und Eva.

Anonyme Zuschrift an Bistritzer Deutsche Zeitung, 16. Juni 1916

Ein "Zurück" wäre mein Leben! Ja, wenn ein Aufsichselbstbesinnen, ein Heimkehren zur Art, zur Kraft als zu Gesundheit und Freude ein Rückschritt ist. Und ich liesse meine Kinder nicht lesen und schreiben lernen und sei überhaupt gegen jede Bildung. Der Unsinn!

Nein, ihr Verdachten, nein,

Euch tag ich nicht,

Euch muss ich nachten -

Lacht auch mein Sonnenschein,

Euch lacht er nicht,

Nur wer vertrauend kommt

Findt was dem Innern frommt,

Wärmendes Licht.

Gusto Gräser in Bistritzer Deutsche Zeitung, 23. Juni 1916

Schon 1916 hatte der linksgerichtete Publizist Johann Schuster Herineanu (der gelegentlich auch als "Bücherwurm" signierte) im Temeswarer "Volkswillen" die an den gesellschaftlichen Tatsachen vorbeischreibenden Texte Gräsers in ihrer Fragwürdigkeit enthüllt und auf ihre politische Ablenkfunktion hinge-deutet. Zu Gusto Gräsers Zeilen:

Ach, was mag der Menschheit fehlen?

Fehlen? Was? Zu viel hat sie:

Bücherwürmer, die sie quälen,

Schreiberseelen, nicht zu zählen!

Ach, sie krankt an Hysterie!

(nach anderer Lesart "an Historie!")

schrieb Herineanu einen achtstrophigen Gegentext, wo er als der Menschheit Quälgeister die "Spekulanten, Gaunerseelen, Mordbestien, Blutvampyre, Volks-ausbeuter, Schweinepriester" nennt und den Künstler Gräser schließlich zur politischen Tat auffordert:

Arbeitshände Millionen

Kämpfen heut wie Meeressturm,

Kämpf auch mit! Das kann sich lohnen!

Bist doch selbst ein "Bücherwurm"!

Geh nicht einsam durch die Gassen,

Freund Poet, das machst du schlecht!

Fest mußt du die Gauner fassen,

Tausendhändig mit den Massen

Kämpfen für das Menschenrecht!

Horst Schuller-Anger in 'Karpatenrundschau', 31. März 1978

Merkwürdig mutete es an, ihn [um 1920] in der [Berliner] Untergrundbahn zu erblicken. Hochwüchsig stand er da mit schöngewelltem braunem Bart und langem Haupthaar, eine in den rauschenden Zug nicht passende Erscheinung. Die Damen hefteten an ihn, der sehr männlich aussah, freundliche, sogar unverhohlen brünstige Augen, wenn ihn seine Frau und seine Kinder, ebenso wüstenhaft gewandet, nicht begleiteten. Genauer gesagt: sie begleiteten ihn nie; sie liefen hinter ihm her, die kleinen Töchter mit Kränzchen im Haar. Wie in der Urzeit der Mann durchs Dickicht brach, die Brut ihm nachtrottete, so schritt er über den Kurfürstendamm, hinter ihm Weib und Sprösslinge.

Heinrich Zillich in Südostdeutsche Vierteljahresblätter 1964, Folge 4, S. 200

Dass dieser im Apostelkleid, mit wallendem Haar in Deutschland herum-ziehende Naturprophet als siebenbürgischer Dichter nicht gelten kann, ist doch wohl keine Frage.

Karl Kurt Klein in Die deutsche Dichtung Siebenbürgens im 20. Jahrhundert. 1925

In der ungarischen Zeitung steht heute, daß der Kronstädter Maler Möckel in Budapest die Goldene Medaille bekommen hat. Das Nationalmuseum hat das Bild angekauft.“ … Ich schwang den Stock: Hurra! Ein Kronstädter! … Der Maler Möckel ist durchgedrungen! …

Maler will er werden, der rotzete Bub! Das Handwerk schmeckt ihm nicht. Aber heute muß man arbeiten, Herr! Verrecken wird er, verrecken! Er soll verrecken!“ …

Euch, ihr Bürger von Kronstadt, danke ich heute, denn ihr habt mich geschmiedet in dieser Zeit und den ungeschickt tastenden Jüngling so hart gemacht, daß er den Weg nie mehr verlieren konnte. …

Die spärlichen Blumen, die ich an meinem Wege fand, die goldene Medaille (Herz, wie schlugst du!) – sieh, Mensch, was ist mein Leben: Sieh die öde Werkstatt, den Strohsack, die Speisereste, diese schwieligen Hände. … Wie Rübezahl steig ich nieder zu den Menschen, ein ungewohnter Gast.

Und doch, heute will ich danken … Ihr Armen, die ihr nie gelebt habt, wie war mir jede Stunde gesegnet, jeder Tag ein Fest!

Denn ich habe Schönheit gesehen, ihr Menschen dort unten, Schönheit, unermeßliche, endlose Schönheit, sechzig lange, gesegnete Jahre! –

So lese ich dir, Maler Möckel aus dem Siebenbürgerland, dein Leben.

Adolf Meschendörfer: Die Stadt im Osten. 1933

Nun ist Gustav Gräser gestorben. Man fand den Einsamen tot in seinem Zimmer. … Schade, daß wir uns so wenig um ihn, der in so vielem und am meisten im Herzen ein Diogenes war, gekümmert haben. Vermutlich geschah das gegenseitig. Vielleicht aber hat er uns mit seiner Laterne vergeblich gesucht? …

Sein Aussehen veriet zweifellos die Fähigkeit sowohl zu einem erzenglischen Zorn im Anblick seiner Zeitgenossen, als auch zu einem gutmütigen Humor vor dem Mangel an Gedanken, die anderen einfielen, wenn sie ihn sahen. …

Vale, St. Transsylvane! Ich seh dich auf der Wanderschaft über den Wolken … im Tragnetz eine Handvoll Sterne. Ist das der Ertrag eines Lebens? Dulce est desipere in loco. Süß ist’s, zu seiner Zeit den Toren zu spielen.

Hans Wühr in Siebenbürgische Zeitung, 27. Oktober 1958

Bis auf seine, den Röster gütig anerkennenden Worte und den sanften Glockenton seiner Stimme habe ich alles vergessen, was er an Weisheiten und Sprüchen ausgoß. Keine Sentenz, kein Vers, kein Ausspruch ließ sich festhalten; sie wogen nicht, nur er, der behaarte, ins Apostelleinen gehüllte, bloßfüßige, überwältigend in sich ruhende, zugleich komische Mann, der lebte, wie er wollte, er blieb uns eingestanzt, denn seiner von ihm erdachten Konfession hatte er sich nahtlos einverwandelt; er war aus einem Guß.

Heinrich Zillich in Südostdeutsche Vierteljahresblätter 1964, Folge 4, S. 200



Für einen im Wüstengewand einherziehenden Propheten, mit langen Haaren und Rauschebart, der seine Habe in einem Netz mit sich trug, hatte die moderne Welt wenig übrig. Er aber schritt völlig unbefangen durch ihr Getobe; er verwarf sie ja; er diente der Natur, wie er sie auffasste, und war frei.

Heinrich Zillich in Südostdeutsche Vierteljahresblätter 1969, Folge 1, S. 57

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