GALLERIA FRATELLI GRAESER  1906 - 1907


Gusto Gräser: Der Liebe Macht  (1899)

Ausstellungen in Locarno und Ascona

Im Herbst 1907, nach einem fast einjährigen Aufenthalt bei ihren Söhnen in Ascona, schreibt Charlotte Gräser, die Mutter der Brüder, in ihrem Tagebuch unter anderem:

„Nach Ernstens Ausstellung in Locarno machten wir zusammen [mit Gusto] eine Ausstellung mit an die 40 Bildern. Ernst hatte viel zu tun, bis er den Raum für seine Ausstellung praktisch und gut gestaltet hatte. Durch die Ausstellung hatten wir auch viele Besucher; in einem Monat sind 50 bis 60 Billets à 50 Centimes verkauft worden. …

Die Wintermonate brachte Gust seine Zeit in München zu. Ernst kam Mai 1907 zu seiner dritten Stellung [Musterung], wurde frei und machte dann eine Schweizer Reise mit selbsterworbenem Geld. Er verkaufte die "Ruine" an Schneiders, an Schriftsteller Hesse das zweite und an Dr. Brupbacher ein drittes Bild. Er malte am Bodensee viel, von denen er auch zwei kleinere Bilder verkaufen konnte. Gustens Bild "Erfüllung" haben wir auch kommen lassen und haben ihm einen Platz in Ernstens Ausstellung gegeben. Der Geist, das Leben haben mir gefallen, was in Askona herrschte solange ich dort war“ (Tagebuch S.51).

Es gab also drei Ausstellungen: zunächst die von Ernst in Locarno im Winter 1906/7, dann eine zusammen mit Gusto, dann die Daueraus-stellung ab Frühjahr im ersten Haus von Karl, der heutigen Casa Bambu. Es ist nicht klar, welche Bilder von Gusto ausgestellt wurden, das Gemälde „Erfüllung“ ist verschollen. Wir erfahren jedoch, dass Ernst drei Bilder an Freunde in Ascona verkaufen konnte: an den Zahnarzt Dr. Schneider, einen Nachbarn von Karl, an den Arzt und Politiker Dr. Fritz Brupbacher aus Zürich, der im Sommer mit seiner Frau Gast der Naturheilanstalt war, und an den Schriftsteller Hermann Hesse, der die Gräsers im Frühjahr 1907 besuchte.

Man kann die Dauerausstellung im Nebenhaus von Karl als die erste Kunstgalerie Asconas bezeichnen. In ihr richtete Gusto zugleich sein Atelier ein, hier fanden seine Gespräche mit Hermann Hesse statt. Im Sommer 1907, nachdem Gusto schon abgereist war, besuchte der Pfarrer Theodor Stern, Leiter der Naturheilanstalt Waidberg bei Zürich, das Haus von Karl. Er berichtet:

„Karl Gräser fand ich eifrig damit beschäftigt, in dem einen Hause, worin sich unten die Werkstatt mit Hobelbank etc. und oben die Ausstellung des jüngsten Bruders Ernst, des Malers, befindet, einen Cementboden zu legen. … Der jüngste Bruder scheint recht begabt zu sein und manch ein ansprechendes Bild hängt in der interessanten Ausstellung, die auch Sachen des mittleren Bruders Gustav enthält, der früher ebenfalls malte. Leider dunkelte es schon, als ich die Ausstellung betrat und die Besichtigung wurde dadurch beeinträchtigt“ (Theodor Stern: Eine Schweizerreise im Naturkostüm. In: Gesundheit, X. Jg., Nr. 16, 7. August 1909, S. 195 f.).

In einer Grafik von Ernst ist sein Bruder Gusto zu erkennen:


Ernst Heinrich Graeser: Der Zinsgroschen Ernst Heinrich Graeser: 1914

Das Gemälde von 1914, in Stuttgart entstanden, macht das Denken der Brüder exemplarisch sichtbar: Die christliche Kirche ist zur Fassade geworden, hinter der die Dämonen von Neid, Hass und Gier nach Entladung schreien. Unter dem Kruzifix sitzt, neben der aufgeschlagenen Bibel mit den Worten „Du sollst nicht töten!“, auf todbringenden Waffen, ein menschenfressender Affe.

Ernst Heinrich Graeser: Emmaus


Frühling Häuser im Tessin